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Juliana von Metsch

*1725 Ort unbekannt – 1733 in Hoheneck

Johannes Ebel (rechts) mit Ehefrau Marie (links) im Haus am Berg 10

(Quelle: Ortsbuch Hoheneck)

Wolfgangkirche.jpg

"Die Erscheinung in der Wolfgangkirche"

Hoheneck im Winter 1957:
Die Wolfgangkirche war nach den Beschädigungen des zweiten Weltkriegs notdürftig instandgesetzt worden. Nun war es Zeit für eine umfassende Innenrenovierung. In dieser Zeit nach dem Krieg und dem Terror der Nationalsozialisten, sehnten sich die Menschen nach einem Neuanfang.


Der letzte Sonntagsgottesdienst, vor Beginn der Renovierung, fand am 06.01.1957 statt.
„Heilige Drei Könige“ wird dieser Feiertag genannt, der 1957 auf einen Sonntag gefallen war – „Heilige Drei Könige“ oder auch „Erscheinungsfest“.

Herr Pfarrer Felden hält den Gottesdienst und verabschiedet die Gemeindeglieder. Ob Ihm aufgefallen ist, dass eines seiner Schäfchen, einer Mutter, heute etwas Besonderes beschäftigt - dass dieses Fest für sie zu einem fühlbaren "Erscheinungsfest" geworden war?
 

Wenige Tage später …
Am Boden in der Kirche sollen neue Steinplatten verlegt werden. Hierzu müssen die alten und beschädigten Platten entfernt werden. Die teilweise losen Bauteile werden von den Arbeitern mit Stemmeisen und Hammer vollends herausgelöst. Eine der Platten klingt hohl und als sie angehoben wird fördert dies einen ungewöhnlichen Anblick zu tage. Einen Anblick der die Anwesenden erschaudern lässt.
 

Aufgrund dieser Entdeckung wird der Landeskonservator Prof. Dr. Paret verständigt. Bereits am Mittwoch dem 09. Januar erscheint er vor Ort, um die Entdeckung in Augenschein zu nehmen.
Vor dem Altar war eine Gruft im Boden entdeckt worden. Darin ein kleiner Sarg, der beim Öffnen der Grabstätte in sich zusammengefallen war.
„Würde bitte jemand hinabsteigen und die sterblichen Überreste herauf holen?“ bat er in die Runde der anwesenden Arbeiter, die gespannt auf die weiteren Ereignisse warteten. Zunächst herrscht betretenes Schweigen. Niemand wollte wohl die Totenruhe stören. Gerhard B., der mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im Pfarrhaus lebte, erklärte sich schließlich bereit ihm diesen Wunsch zu erfüllen.

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Was dann geschah, wird im „Ortsbuch Hoheneck“ wie folg beschrieben:

Er reichte herauf, was sich noch im Sarg befand, und wurde plötzlich sehr blass. Auf die Frage, ob die Luft in der Gruft so schlecht sei, antwortete er ausweichend: „Ich erkläre Ihnen alles.“ 


Später erzählte er: “Was ich heute im Sarg fand, habe ich am Erscheinungsfest schon einmal gesehen. Meine Mutter hat das Kränzchen und die beiden Schleifen für uns gezeichnet und von einem Mädchen mit blonden Haaren erzählt. Deshalb hat mich der Fund so schockt. Meine Mutter soll Ihnen selbst ihr eigenartiges Erlebnis erzählen“.

Frau B. gab folgenden Bericht: „ Ich war am Erscheinungsfest im Gottesdienst. Es galt ja, für einige Wochen von der Kirche Abschied zu nehmen, die gründlich renoviert werden sollte. Als der Pfarrer während der Schlussliturgie am Altar stand, sah ich plötzlich ein Mädchen neben ihm. Es war etwa acht Jahre alt und mit einem langen Gewand bekleidet. An ihm waren auf den Schultern zwei weiße Schleifen befestigt. Das blonde Haar trug es im Pagenschnitt, auf dem Kopf hatte es ein Kränzchen. Ich vermutete zunächst, das Mädchen sei ein Schulkind, das ein Gedicht aufsagen sollte. Als es weiterhin nur schweigend dastand, dachte ich: warum hilft denn der Pfarrer dem Kind nicht? Als ich das Gesicht des Mädchens näher betrachtete, war es ganz starr und bleich – wie das Antlitz einer Toten.

Danach war die Gestalt plötzlich verschwunden.

Meinen Kindern erzählte ich von dieser Vision.

Ich hatte sie so lebhaft in Erinnerung,

dass ich das Gewand, den Pagekopf

und das Kränzchen zeichnen konnte.

Aber meine Söhne nahmen meine Erzählung

nicht ernst und lachen mich aus“

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Von dem Skelett waren noch Schädelknochen und die Arm- und Beinknochen erhalten. An der Schädeldecke konnte man einige blonde Haare erkennen. Erhalten waren außerdem ein Schmuckkränzchen aus Metall und zwei Stoffschleifen. "


Geklärt wurde der Sachverhalt durch die Eintragung im Sterberegister:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„24.August an Bartol. Ist in hiesiger Kirche forne
nechst an dem Altar in ajner gewöbten Gruft einge-
sänckt worden Fräulein Juliana, ihro Gnaden Herrn Lieutnant von Metsch unter dem Württenbg. Creys-
regimet Geliebtester Fräulein Tochter nicht gar 8
Jahr alt, Gott erweckhe dero Gebeine mit
Feüden.“

Julianas Vater "Leutnant von Metsch" lag offenbar damals in Hoheneck im Quartier.

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Die sterblichen Überreste setzte man 1957 in einer Urne in der Gruft bei.

Sie wurde aufgefüllt und mit einer Sandsteinplatte zugedeckt,
die ein Kreuz und die Inschrift erhielt:

Juliana von Metsch“ 1725 – 1733“.

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Eine weitere Beisetzung innerhalb des Kirchengebäudes der Wolfgangkirche ist ansonsten nicht bekannt. 
 

Es wird vermutet, dass die Beisetzung auf
besonders heiligem Boden unter dem Schutz des Kirchengebäudes,
dem Vater Trost über den Verlust seines lieben Kindes spendete. 

Ein Gedanke aus vorprotestantischer Zeit wird hier wohl die Grundlage gewesen sein: Je näher die Verstorbene an Altar und Taufstein dem Symbol des ewigen Lebens bestattet wird,
um so stärker wirkt der Schutz der Seele vor dem Fegefeuer.
Wenngleich das Fegefeuer keinen Platz mehr in der protestantischen Konfession hatte, blieb ein gewisses
"Sicherheitsgefühl" innerhalb der Kirchenmauern weiter bestehen.

Darauf, dass dies und nicht der Wunsch nach einer "standesgemäße Beisetzung" der Grund für Julianas letzte Ruhestätte war, deutet der Umstand hin, dass innerhalb der Kirchenmauern kein Gedenkstein (weder an der Wand noch auf dem Boden) zu finden war. Der einzige Hinweis findet sich in der kurzen Eintragung im Kirchenbuch.

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Auch der damals amtierende  Pfarrer Johann Friedrich von Kapff teilte wohl dieses Gefühl und wollte vielleicht für sein ewiges Leben und auch das seiner Ehefrau vorsorgen, indem er für sich und seine Frau ebenfalls eine Gruft, zwar nicht innerhalb des Kirchengebäudes doch direkt am Westportal der Kirche, sozusagen immer noch im "Wirkungskreis" der Wolfgangkirche anlegen ließ.

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Vielleicht freut es seine unsterbliche Seele, dass zumindest die beiden Grabplatten mittlerer Weile einen festen Platz innerhalb der Wolfgangkirche gefunden haben. Sie wurden zum Schutz vor Wind und Wetter in das Westportal der Wolfgangkirche versetzt, nachdem sich eine der Platten 1884 gelöst hatte und umgestürzt war.

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Die obigen Aussagen sind dem Hohenecker Ortsbuch entnommen. Inwieweit sie dem Reich der Legenden zuzuordnen sind kann heute nicht klar festgestellt werden.

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Das Original der handschriftlichen Eintragung ist im Hohenecker Kirchenbuch (MISCHBUCH 1661-1805 BAND 1) zu finden.

 

(C) Klaus Bendel 2023

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